Jahresrückblick 2024

Ein megagutes Jahr

In meinem Jahresrückblick 2024 stelle ich fest, wie viele Dinge ich erlebt habe, die wirklich, wirklich klasse waren. Das Jahr war ereignisreich, überraschend mit tiefgreifenden Einsichten und Veränderungen. Nicht alles lief so, wie ich mir das vorgestellt habe und im Rückblick kann ich sagen: Gut so. Ich habe weitergeschrieben, bin weitergelaufen, bin weiter gewachsen. Habe viel Neues gelernt und vor allem gelernt, dafür offen zu sein und zu bleiben.

Jahresrückblick 2024 – Ankommen

Neuer Roman steht

Anna - Familie Voos

Mein historischer Roman ist fertig – noch nicht veröffentlicht, aber in Überarbeitung und bei meinen ersten Testlesern. Hauptfigur ist Anna, meine Großtante, die mit Anfang zwanzig in die USA auswanderte und dort der Überlieferung zufolge nicht ankam. Sie war an Tuberkulose erkrankt und starb auf Ellis Island. Vor knapp einem Jahr besuchte ich das Tuberkulose Archiv in der Thorax-Klinik Heidelberg und bekam in einer zweistündigen 1:1 Führung von Frau Dr. Bock-Hensley, die das Archiv betreut – so viel wertvolle, erhellende und überraschende Informationen rund um das Thema.

Anna gab es wirklich, es war die Schwester meines Großvaters. Das einzige Bild, das ich von ihr gefunden habe, ist hier zu sehen. Erst kurz vor seinem Tod im Jahr 2000 erfuhr ich von ihr. Mich beschäftigte das Thema, doch ich konnte niemanden mehr fragen. Ein paar Jahre später plante ich eine Reise in die USA, um meine Tochter während ihres Highschool – Jahres zu besuchen. Ich begann Nachforschungen anzustellen, doch die liefen ins Leere. Ich weiß weder, wann sie genau ausgewandert ist, von wo sie abgereist ist, ob sie den Mann, den sie zu Hause nicht heiraten durfte, da er evangelisch war, geheiratet hat und ihren Namen geändert hatte. Wieder vergingen zwei Jahre, doch Anna und ihre Geschichte ließen mich nicht los. So habe ich mich entschieden das, was ich nicht weiß, zu erfinden, überlegte, lernte die Figur kennen und schrieb meinen ersten historischen Roman. Zeitlich habe ich das Ganze um zehn Jahre versetzt in das Jahr 1933. Die beste Freundin Annas ist die modebegeisterte Frieda – meine Großmutter – die ihren Traum als Modistin /Hutmacherin verwirklicht. Sie wird die Hauptfigur meines nächsten Romans sein. Über sie habe ich viele Geschichten gehört, wenn ich sie auch nicht kennenlernte, da sie kurz nach meiner Geburt starb. Beim Schreiben bemerkte ich, wie vieles meiner eigenen, bewussten Familiengeschichte hochkommt und durch das Schreiben verarbeitet wird. Das wird bei Band zwei noch viel mehr der Fall sein. Wie sehr die Vergangenheit die Gegenwart beeinflusst und formt. Im Guten wie im Schlechten. Gerade auch, was unsere politische Situation derzeit betrifft. Die Parallelen lassen mich erschauern.

Abitur meines vierten Kindes

Auch mein viertes Kind hat erfolgreich die Schule abgeschlossen. Wir feierten sein Abitur auf der schönen Molkenkur auf dem Königsstuhl in Heidelberg. Es war knallheiß, ein Sommerabend wie er im Buche stand. Zu essen viel zu heiß. Der zauberhafte, kühle Nachtwald um uns, als wir aufbrachen, während die Abiturienten weiterfeierten, wie sich das gehörte.

Alleinwandern in den Bergen

In meiner Kindheit war ich oft mit meinen Eltern in den Schweizer Alpen unterwegs. Zunächst auf dem Rücken meines Vaters, später lief ich als Kind schon beachtliche Wanderungen mit. Seit über zehn Jahren zieht es mich nun wieder regelmäßig in die Berge. Einmal im Jahr fahre ich alleine in die Schweiz ins Berner Oberland, meist nach Grindelwald und wandere. Immer wieder tut es gut, mal zu merken, wie wenig es für mich eigentlich braucht: Rucksack packen mit genug Nahrung und Wasser, Handy, Hut, Sonnencreme, mehr nicht. Ich genieße das unglaublich. Schon seit vielen Jahren ist das Laufen und Wandern für mich essentiell geworden: Für mich, mein Schreiben, meinen Alltag. Das Allein – Wandern hat eine große Qualität und bringt mir Klarheit. Im Juli war es sehr heiß, selbst in den hohen Bergen und ich probierte neue Routen aus. Wieder einmal war ich sehr froh, dass die Schweizer Wanderwege so gut ausgezeichnet sind. Hochalpin ist aber hochalpin und mit Respekt zu handlen … so habe ich mich an einem Morgen spontan zu einer anderen Route entschlossen, ohne, dass ich genau wusste, wo ich rauskommen werde. Nun: Wenn ich mich schon ein paar Mal in meinem Leben gefragt habe, warum ich eigentlich so viel laufe und trainiere, an diesem Tag wusste ich es. Nach drei Stunden steilen, einsamen Aufstieg in atemberaubender Landschaft, traf ich glücklicherweise doch auf zwei andere Wanderer – was war ich froh – , die mir mitteilten, dass es da oben nicht groß weitergeht, vor allem nicht am Klettersteig alleine. Ich musste selbst lachen, als ich an meine Annahme dachte, dass da oben bestimmt eine Gondel oder whatever mich wieder runterbringt auf der anderen Seite. Also musste ich umkehren. Und steile Abstiege über Geröllfelder und Bäche sind anspruchsvoll. Noch dazu braute sich ein Gewitter zusammen. Doch hey: Auch hier genoss ich zwischendurch kurz die phänomenale Aussicht, riss mich immer wieder zusammen und wanderte zügig ein Schritt nach dem anderen zurück. Kaum war ich unten und hatte mir im Hotel, in dem ich untergebracht war, einen Kaffee bestellt – meine Beine zitterten noch ein wenig – brach das Gewitter los. Glück gehabt. Und was gelernt: Noch mehr Respekt vor den Bergen zu haben und mich besser vorbereiten.

Urlaub in Süditalien – Apulien

Schon einmal waren wir ganz im Süden von Italien. Ein guter Freund stammt von dort und verbringt im Sommer einige Wochen mit seiner Familie. Dieses Jahr sind wir mit unseren zwei Jüngsten dorthin gereist. 1600 Kilometer in zwei Etappen. Das letzte Mal, als wir dort waren, war unser erstes Kind drei und ich mit dem zweiten, unserer Tochter, schwanger. Es ist also schon eine ganze Weile her :).

Wie auch vor über zwanzig Jahren spürte ich eine starke Verbindung zu diesem Landstrich. Die Geschichte ist lebendig, überall sind Zeugnisse der verschiedenen Besiedlungen sichtbar: Steinzeitliche Zeugnisse, Mesapier, Griechen, Normannen. Manches ist aufbereitet, viele unter der Macchia, Staub und auch Müll verborgen. Verlassene Gebäude in der Landschaft, viele Olivenplantagen.

Die erste Woche waren wir mitten in Oria untergebracht und erlebten so unmittelbar den Alltag, was ich sehr schätze. Für mich wäre es unvorstellbar in einer Hotelanlage, abgeschottet vom Land und Leuten, zu verbringen. Wir besuchten gemeinsam das Lichterfest – jede Stadt/Gemeinde begeht am Ende des Sommers das Fest ihres Stadtheiligen: Eine sehr ernste und feierliche Angelegenheit mit Prozession und Rummel, blinkenden Lichtern und Ständen mit allerlei Spezialitäten. Und immer wieder: Das Meer. Anfangs irritierend warm und fast gar nicht erfrischend. Die zweite Woche verbrachten wir unmittelbar am Meer. Die Saison vorüber, war es ruhiger, leider nicht weniger heiß. So heiß, dass selbst ich es nur ein paar wenige Male schaffte, laufen zu gehen. Ein Hoch auf die Klimaanlagen in den Wohnungen, in denen sich die schlimmste Hitze überbrücken ließ. Erst am Abend war es möglich, etwas unterwegs zu sein, etwas zu besichtigen, zu essen. Sehr genossen haben wir alle das Zusammensein mit unseren Freunden und deren Familie, die uns so liebevoll aufgenommen haben. Die letzten paar Tage kühlte es etwas ab und ich konnte aufatmen. Teaching hier: Süditalien ist wunderbar und auf jeden Fall noch einige Reisen wert. Für mich aber nicht mehr im August/September.

Lass uns Fremde bleiben

Im Herbst machte ich zum ersten Mal Bekanntschaft mit Corona und entschied, dass wir uns nicht wiedersehen werden. Lass uns Fremde bleiben – ein Feuerzeugspruch, den ich demletzt sah und lachen musste. Zack. Nach üblicher Manier kippte ich mir jeden Morgen einen Liter Kaffee rein und lief die ersten Stunden des Tags so einigermaßen fit durch meine To-Dos. Spätestens kurz vor Mittag dann, ging irgendwie nichts mehr und ich musste wirklich jede Treppenstufe, jede Aktion gut einteilen. Nach ein paar Tagen dann kapierte ich es und sah es ein: Hinlegen, ausruhen, schlafen. Glücklicherweise hatte ich kaum Husten. Die Abgeschlagenheit war das Schlimmste. Eine große Übung an Annahme für mich, zumal es nahezu vier Wochen dauerte, bis ich mich wieder okay und fit fühlte und als ich die ersten Male wieder kleine Runden joggen konnte, wurde ich ganz schön von Dankbarkeit dafür geflutet.

Die wichtigsten Themen in 2024

  • Schreiben. Unbeirrt, immer.
  • Laufen und Bewegung
  • Familie, sehr verbunden und voller Staunen über die Entwicklung, die Interaktion, den Reichtum an Nähe, das Erleben des ersten Jahres meines Enkelkinds.
  • Vertiefung von Yoga – und Meditationspraxis und innerer Arbeit – die auch im Schreiben vor sich geht und im Alltag lebt. Nur da. Immer. Jetzt.
  • Wertvolle Impulse von Nives und Danja im wunderbaren Wiener Salon, die mich das ganze Jahr begleiteten

Worauf ich stolz bin?

  • Meinen neuen Roman geschrieben und überarbeitet zu haben. Auf viele weitere Texte und Artikel.
  • Eine der besten Entscheidungen dieses Jahres war, als freie Journalistin für die Lokalzeitung zu arbeiten. Als Konter zu vielem Schreiben alleine, tut es gut, Kontakt zu meiner Umgebung zu haben und über vieles zu staunen, das ich bislang nicht wusste.
  • Auf meine Disziplin was Schreiben, Laufen und meine innere Arbeit angeht: Mediation und Yogapraxis. Stolz, dankbar und staunend erlebe ich die Auswirkungen in meinem Leben.
  • Renovierungsarbeiten an unserem Haus begonnen und organisiert zu haben
  • Einen Quittenbaum mit meinem Mann gepflanzt zu haben
  • Annahme von Zweifeln und Sorgen und akzeptieren, dass auch sie Teil vom Ganzen sind. Wenn sie einmal gesehen und angenommen sind, lassen sie besser mit sich reden 🙂
  • Auf meinen Schreibraum, der nun Form annimmt. Das erste Treffen in Präsenz hat stattgefunden. Ich bin sehr froh über die gute Resonanz. In Planung ist das Ganze noch für Onlinetreffen per Zoom.
  • Integration der Erkenntnis, dass es an einem Punkt auch nichts mehr zu optimieren gibt. Dass unperfekt perfekt ist und Perfekt unperfekt.
  • Fünf grade sein. Das Leben ist jetzt und will gefeiert werden.
  • Darauf, immer wieder die sogenannte Komfortzone zu verlassen.
  • Mich immer besser und erfolgreicher abgrenzen zu können.
Fatma, Kickboxweltmeisterin 2005

Was mich sehr, sehr freut, ist, dass das Thema „Gastarbeitergeneration“ nun mehr ins Bewusstsein kommt. Im InterkulturellenZentrum Heidelberg war die Ausstellung „Kofferkind“ von Fatma Biber-Born zu sehen. Mit Tusche und Bleistift porträtierte sie Kinder der ersten Gastarbeitergeneration nach Fotografien, stellte zudem Ausschnitte von Briefen aus und damit berührende, erschütternde Zeitzeugendokumente einer Generation, die oft zwischen den Kulturen hängt und nirgendwo Heimat hat. Sogenannte Kofferkinder lebten getrennt von ihren Eltern bei Verwandten, während die Eltern in Deutschland arbeiteten und ihre Familie nur wenige Wochen im Jahr sah. Nicht selten wurde aus dem Jahr zum Geldverdienen, mehrere und die Kinder wurden nachgeholt nach Deutschland, wo sie sich zurechtfinden mussten. Im „Erzählcafé“, eine Begleitveranstaltung im IZ, kamen drei der Porträtierten zu Wort. Erschütternd und berührend ihre Geschichten und Erinnerungen und so wichtig, sie zu erfahren. Endlich richtet sich die Aufmerksamkeit zu diesem Teil unserer Geschichte, denn Migration ist allgegenwärtig und formt unsere Kultur und Gesellschaft. Das Manuskript Fatma erzählt auch solch eine Geschichte und wird im kommenden Jahr erscheinen.

Omi

Meine Schwiegermutter Sylvia und ich in ihrer Stadt Koblenz

Meine liebe Schwiegermutter und Omi meiner Kinder leidet an Alzheimer. Vor 1, 5 Jahren kam die Diagnose, im vergangenen Jahr ist die Krankheit massiv fortgeschritten. Sie führte so ein ganz anderes Leben als ich, dennoch haben wir uns in all den Jahren gut verstanden. Immer tatkräftig und zupackend, unkompliziert und freundlich hat sie der ganzen Familie geholfen, auf ihre Enkelkinder aufgepasst und bei ihren Besuchen viele Alltagsarbeiten selbstverständlich erledigt. „Ich bin da, um zu unterstützen“, war ihre Devise. Ist sie immer noch. Nun ist es mehr und mehr an uns sie zu unterstützen und bei ihr zu sein. Das ist nicht immer einfach, da 200km Wegstrecke zwischen uns liegen, doch wenn es möglich ist, dann tun wir unser Bestes, ihr das Gefühl zu geben, dass sie okay ist, so, wie sie ist und geliebt und geachtet wird, auch, wenn sie unsere Namen durcheinanderwirft.

Die wertvollste Lektion des Jahres?

Es sind eigentlich mehrere. Aber eine der wichtigsten ist die 80 Prozent Regel. 80 Prozent genügen. Sind gut. Die zwanzig restlichen Prozent brauch ich, um aufzuladen, um Kraft zu schöpfen für Neues. Das mache ich als Kreative ständig. Jahrelang bin ich oftmals sehr erschöpft gewesen, habe meine eigenen Bedürfnisse übergangen, nur um Familie und Schreiben auf die Reihe zu bekommen. Doch das ist jetzt nicht mehr notwendig. Nicht nur, weil meine Kinder nun größer, bzw. erwachsen sind, sondern auch, weil ich es mir erlaube und verstanden habe, dass ich diese Pausen, dieses Aufatmen unbedingt brauche und brauchen darf.

Ausblick ins neue Jahr

I have no time for things without soul -Charles Bukowski

Ich sehe zuversichtlich in das neue Jahr und freue mich auf alle neuen Projekte, die sich abzeichnen oder weitergeführt werden. Doch ich bin auch besorgt und nachdenklich, was die Zukunft angeht. Wie wird das Leben meiner Schwiegermutter weitergehen? Wie wird sich die politische Situation in Deutschland und der Welt weiterentwickeln?

Ein weiterer historischer Roman wird entstehen. Die ersten Notizen sind schon gemacht.

Auch auf meinen Schreibraum freue ich mich. Dort biete ich Menschen Raum und Zeit, um intuitiv und frei zu schreiben. Ganz ohne Vorgaben, lediglich mit Impulsen, um dabei auf kreative Schätze zu stoßen. Eine Technik, die mir nicht nur für mein Schreiben unglaublich wertvoll ist, sondern einen auch tief in Kontakt mit dem Unbewussten bringt.

Nicht müde werden

und dem Wunder, leise

wie einem Vogel,

die Hand hinhalten

Hilde Domin

6 Kommentare zu „Jahresrückblick 2024“

  1. Liebe Stefanie, was für ein Jahr und was für eine tolle Geschichte die da aus deiner Feder kommt. Ich bin gespannt, wir es mit deinem Roman weitergeht und welche Geschichte du deiner Großtante geschrieben hast. Aus meiner Familie sind damals auch Verwandte ausgewandert und ich glaube, du hast mich inspiriert, da mal auf die Suche zu gehen. Ich wünsche dir für das neue Jahr alle Gute und viel Erfolg. Liebe Grüße Victoria

    1. Liebe Victoria,
      vielen Dank für Deine Nachricht. Ich freue mich sehr. Alles Gute für Dich im neuen Jahr. Ich bin gespannt auf Deinen Rückblick, bin gerade unterwegs mit wechselhaftem Internet. 🙂
      Liebe Grüße,
      Stefanie

  2. Liebe Stefanie,
    über TCS habe ich zu deinem Blog gefunden.
    Was für ein schönes und ereignisreiches Jahr! Deine Beschreibung deiner wertvollsten Lektion hat mir erst bewusst gemacht, dass ich es genauso mache – danke dafür!
    Zwar bin ich aus Österreich, doch ist die politische Situation hier bei uns ähnlich dramatisch wie in Deutschland. Ich hoffe für alle Menschen, dass es sehr schnell Veränderungen zum Besseren gibt.
    Auf diesem Weg alles erdenklich Gute für deine Schwiegermutter!
    Herzliche Grüße
    Manuela

    1. Hallo Manuela, deine Nachricht hat mich sehr gefreut. Ja, hoffen wir das Beste, im kleinen Kreis wie im großen. Danke für Deine Wünsche, was meine Schwiegermutter betrifft. Ich hoffe auch sehr, dass sie die Zeit, die ihr noch bleibt in Würde und Frieden verbringen kann.

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