Meda Mildenberger 12

Meine Oma starb, da war ich dreiundzwanzig. Bei ihr bin ich aufgewachsen. An meine leibliche Eltern habe ich nur vage Erinnerungen. Hauptsächlich verbunden mit dem Dunst von Alkohol und Zigaretten.

Ich sehe noch heute oft Omas Gesicht vor meinem, sehe jede einzelne Runzel in ihrem weichen, schlaffen Gesicht und denke jedesmal an den Entschluß, den ich als Elfjährige traf, nämlich eine genauso liebevolle, weiche und runzelige Oma zu werden, irgendwann. Eine, bei der man sich daheim fühlt. Dann höre ich das Knarzen der Treppe in ihrem alten, kleinen Reihenhaus aus den 20er Jahren, das sie jahrzehntelang bewohnte. Mein Opa arbeitete in der Metallwarenfabrik nebenan. Es war klein und eng, hatte aber alles, was es brauchte: Eine geräumige Küche, einen Gewölbekeller, eine gute Stube, oben ein Schlafzimmer und noch ein Zimmer. Hinter den Häuschen waren die Gärten. Für heutige Verhältnisse groß. Sie hatten einen Schuppen und Tauben, die oben unter dem Dach lebten. Wenn ich heute das Gurren der Tauben höre, denke ich immer an den Garten und das Haus und an meine Oma. Im Garten fand ich einmal eine Flasche Wein, die in einem Loch vergraben war: Das Versteck meines Opas, denn der Arzt hatte ihm verboten Wein zu trinken.

Ich schüttle den Kopf, weiß nicht, warum ich jetzt genau in diesem Augenblick an all das denke, während ich die Wärme seiner Hand in meiner Armbeuge spüre und sein Aftershave rieche. Ich sehe ihn an, sein Gesicht ist nah vor meinem – ich hatte gar nicht die grauen Schläfen bemerkt, wahrscheinlich, weil wir uns meistens abends in seiner Bar sehen. Seine Lippen fand ich schon immer schon, jetzt aber finde ich sie unwiderstehlich. Ich lege meine Hand sachte zwischen seine Schulterblätter und fühle die Wärme und Lebendigkeit seines Rückens. Er küsst so, wie ich mir das immer vorgestellt habe und das habe ich in all den Jahren immer einmal wieder. Warum wir ausgerechnet jetzt an dem Punkt sind, darüber denke ich nicht nach. Warum auch.

Der Morgen würde komplexer werden. Das wusste ich. Und komplex ist die Vorstufe von kompliziert. Doch das kann auch bis morgen warten.

Meine Oma starb, da war ich dreiundzwanzig. Bei ihr bin ich aufgewachsen. An meine leibliche Eltern habe ich nur vage Erinnerungen. Hauptsächlich verbunden mit dem Dunst von Alkohol und Zigaretten.

Ich sehe noch heute oft Omas Gesicht vor meinem, sehe jede einzelne Runzel in ihrem weichen, schlaffen Gesicht und denke jedesmal an den Entschluß, den ich als Elfjährige traf, nämlich, eine genauso liebevolle, weiche und runzelige Oma zu werden, irgendwann. Eine, bei der man sich daheim fühlt. Dann höre ich das Knarzen der Treppe in ihrem alten, kleinen Reihenhaus aus den 20-er Jahren, das sie jahrzehntelang bewohnte. Mein Opa arbeitete in der Metallwarenfabrik nebenan. Es war klein und eng, hatte aber alles, was es brauchte: Eine geräumige Küche, einen Gewölbekeller, eine gute Stube, oben ein Schlafzimmer und noch ein Zimmer. Ein Bad mit Badewanne und Toilette mit einem Spülkasten oben und einer Kette, an der man Hinter den Häuschen waren die Gärten. Für heutige Verhältnisse groß. Sie hatten einen Schuppen und Tauben, die oben unter dem Dach lebten. Wenn ich heute das Gurren der Tauben höre, denke ich immer an den Garten und das Haus und an meine Oma. Im Garten fand ich einmal eine Flasche Wein, die in einem Loch vergraben war: Das Versteck meines Opas, denn der Arzt hatte ihm verboten Wein zu trinken.

Ich schüttle den Kopf, weiß nicht, warum ich jetzt genau in diesem Augenblick an all das denke, während ich die Wärme seiner Hand in meiner Armbeuge spüre und sein Aftershave rieche. Ich sehe ihn an, sein Gesicht ist nah vor meinem – ich hatte gar nicht die grauen Schläfen bemerkt, wahrscheinlich, weil wir uns meistens abends in seiner Bar sehen. Seine Lippen fand ich schon immer schon, jetzt aber finde ich sie unwiderstehlich. Ich lege meine Hand sachte zwischen seine Schulterblätter und fühle die Wärme und Lebendigkeit seines Rückens. Er küsst so, wie ich mir das immer vorgestellt habe und das habe ich in all den Jahren immer einmal wieder. Warum wir ausgerechnet jetzt an dem Punkt sind, darüber denke ich nicht nach. Warum auch.

Der Morgen würde komplexer werden. Das wusste ich. Und komplex ist die Vorstufe von kompliziert. Doch das kann auch bis morgen warten.

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