Meda Mildenberger 16

Bild: Eberhard Grossgasteiger

Als es beginnt zu graupeln und noch dazu Donner durch die Berge hallt, sinkt meine Laune. Ich laufe schneller. Jenseits der Baumgrenze ist schlecht unterstellen und ich bekomme kurz Panik. Was war nochmal zu tun bei Gewitter in den Bergen? Eine Mulde suchen und sich reinlegen? Ich sehe kaum drei Meter weit. Ich gehe weiter, so schnell es eben möglich ist und hangle mich von gelben zu gelben Trapez weiter. Wenn sie bei Sonnenschein auch manchmal albern dicht beieinander angebracht erscheinen, bin ich jetzt richtig froh.

Erleichtert stöhne ich auf, als ich die Hütte vor mir sehe. Aus dem Kamin quillt Rauch. Ich stoße die Tür auf, sofort hüllt mich Wärme ein.

Zwei Männer, einer vor, einer hinter der Theke gucken mich neugierig an. Aus dem Radio dudelt leise Musik.

„Oha“, sagt der, der an der Theke sitzt.

„Perfekt ausgerüstet“, kommentiert der Typ am Zapfhahn und holt in einer fließenden Bewegung ein kleines Glas aus dem Regal an der Wand und füllt es voll mit etwas Dickflüssigem, braunem, das schwer hochprozentig aussieht. Dann füllt er aus einer großen Thermoskanne dampfenden Kaffee in eine große Tasse, kippt den Glasinhalt dazu und schiebt es vor mich. „Zieh erstmal die nasse Jacke aus.“

Ich pelle mich mühsam aus der tropfnassen Jacke und kann das Zittern nicht unterdrücken. Ist mir egal. Die Zähne schlagen aufeinander. Das einzige, was sich halbwegs trocken anfühlt, sind meine Füße. Als ich mich wieder umwende, streckt der andere mir einen zusammengefalteten Pullover aus grober Wolle hin. „Nimm und zieh den an.“ Ich wende mich wieder in die Garderobenecke und ziehe meinen nassen Pulli aus und stülpe den viel zu großen Pullover über. Die kratzige Wolle riecht nach Wald, Holzfeuer, einem Hauch Waschmittel und Zigaretten. Sofort wird mir wärmer.

Dankbar und wortlos beginne ich den heißen Kaffee mit irgendwas stark alkoholischen drin zu schlucken und mir kommt es vor, als hätte ich nie was Besseres getrunken. Meine Kehle brennt. „Danke“, mehr fällt mir momentan nicht ein. Die beiden schauen zufrieden. Der hinter der Theke weist auf die Bank am Ofen im hinteren Teil des schummrigen Raums.

Erschöpft lehne ich mich mit dem Rücken an die warmen Kacheln. Die zwei reden etwas, ich kann nicht verstehen, was. Einen Augenblick nehmen sie Platz am Tisch vor der Bank. Auf einem Tablett steht etwas Brot und Käse, daneben drei Gläser mit eben dieser braunen Flüssigkeit.

Ich nehme die Decke, die der Pullityp mir reicht und lege sie über meine kalten Beine.

„Nett, vielen Dank.“

Der Graupel ist übergegangen in dichte Schneeflocken, es sieht fast aus, als sei alles voller Nebel.

„Ganz schön mutig bei dem Wetter loszuziehen.“

„Oder dumm.“

„Glück gehabt.“

Der eine wendet resigniert die Augen zur Decke. „Städter, Deutsche … ich sag dazu nichts mehr.“ Doch gleich darauf lächelt er mich an. „Ist ja nochmal gutgegangen.“

Ich sage nichts und nicke nur.

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