Meda Mildenberger 10

Ich werde verhalten herzlich aufgenommen. Mein Kumpel Leander würde sagen: „Diese Leute sind einfach anders sozialisiert.“ Die Unterhaltung startet schleppend. Immer wieder spüre ich die Blicke von Sabine auf mir. Wenn ich aufsehe, sieht sie schnell weg. Sowas habe ich seit meiner Schulzeit nicht mehr erlebt.

Was ich beruflich mache? Oh, wie spannend … als Schreibkraft in einer Anwaltskanzlei, Murielle lacht scheppernd. Augenblicklich vergeht mir die Lust auf diesen Abend. Aber ich lächle tapfer, nicke und stelle mir vor, ich hätte den Mut, auf den Tisch zu steigen und irgendwas Unflätiges von mir zu geben.

„Mit dem Job finanziere ich mir meine Doktorarbeit“, schiebe ich mutig hinterher. Stimmt nicht ganz, war aber rein theoretisch der Plan. Vor einigen Jahren. Die Info tut ihre Wirkung. Ich höre ein „Aha, oh von Peter und kann die Irritation am Tisch förmlich spüren. Und den Keil, den ich gerade zwischen uns geschoben habe. Ich so als Akademikerin. Für einen Augenblick kann ich den Impuls zu lachen kaum unterdrücken. Die Unterhaltung nimmt wieder etwas Fahrt auf. Ich glaube nun eine Veränderung im Verhalten mir gegenüber wahrzunehmen. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.

Nur Peter schließt sich mir an, als ich zum Abschluss nicht nur einen Espresso, sondern auch einen Grappa bestelle. „Gute Idee!“ Er nickt mir anerkennend zu, was ihm einen missgünstigen Blick von Murielle einheimst. Kurz darauf verabschieden wir uns. Ich schüttle höflich Hände und denke, dass ich durchaus noch einen Grappa vertragen könnte.

Er läuft mir hinterher auf dem Weg zu meinem Fahrrad. „Meda? Gehen wir noch ein Stück zusammen?

Oh Mann, bin ich hier in einem Heimatfilm der 50-er gelandet? Mit einem Blick auf die Uhr und auf mein Handy murmle ich etwas von einer Freundin, dich mich noch anrufen wollte.

„Schade, tja dann.“ Er zieht mich zu sich und küsst mich.

Ich winde mich aus der Umarmung. „Du, ich ruf dich an, okay?“ Kurz tut es mir leid und ich drehe mich im Gehen nochmal um und wiederhole nochmal: „Ich ruf Dich an, okay, war schön“, füge ich noch an. Ich schwinge mich auf mein Rad und fahre die zwei Häuserblocks zu Charlies.

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