Meda Miltenberger 2

Ich jogge meine Runde um den Block und laufe spontan noch in den Park. Es ist immer so. Eigentlich fühle ich mich schlapp, eigentlich will ich nur eine kleine Runde, dann aber gehts mir immer besser und ich bin, wenn ich zeitlich kann, ein paar Stunden unterwegs. Nirgendwo besser kann ich Klarheit in meinen wirren Kopf bringen. Heute dauert es lang. Wenigstens habe ich das Gefühl mich wieder normal schnell zu bewegen und nicht in Zeitlupe, wie vorhin im Bad.

Ich bin jetzt 38. Mama fragt mich regelmässig, wann ich endlich erwachsen werde, heirate und Kinder kriege und aufhöre zu pubertieren. Ist das nicht unverschämt von ihr?

Mechanisch pumpe ich an der nächsten Bank Liegestütze, zwei Durchgänge und verzichte auf die Sit-ups, da die Bank total nass ist. Das sind auch meine Füße, aber solange ich laufe, ist mir das egal.
 Nach eineinhalb Stunden biege ich in die Straße ein und Oma Schmitt kommt gerade aus dem Hinterhof. Auf dem Kopf die obligatorische Regenhaube, die aussieht, wie ein Hexenkopftuch aus Plastik. Und ihrem Nachziehwagen, neuestes Modell plus Regenschirm, ohne den sie nie das Haus verlässt.
„Morgen!“, rufe ich ihr gutgelaunt entgegen.
„Ham Sie immer noch kein´ Schirm?“ Sie hält ihren schräg nach oben und betrachtet mich kritisch von unten.
„Frau Schmitt, ich hab `ne Kapuze – beim Joggen würd mich ein Schirm stören.“ Ich rolle mit den Augen, aber das sieht sie nicht.
„Ihr jungen Leute – „
Ich bin schon an ihr vorbei, drücke die schwere Haustür auf und laufe die Treppe hoch. Blitzlichtartig kommen mir Bilder der letzten Nacht in den Kopf und mir wird noch heißer, als mir sowieso schon vom Laufen ist. Vor meiner Tür stütze ich mich gegen die Wand und verschnaufe.
Nein, anrufen werde ich ihn nicht. Muss nicht sein. Ich schließe auf und quäle mich aus den nassen Klamotten.

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